Ziel beim Feilen und Formen der Nägel sollten meiner Meinung nach die folgenden Kriterien sein:
Entscheidend bei der Suche nach einer entsprechenden Umsetzung wären demzufolge:
Was nun meine eigene Feiltechnik betrifft, so versuche ich eine fast geradlinig ansteigende Rampe zu formen, die - sinnvollerweise und entsprechend den meisten heutigen Spielern von links außen (bei Blick von oben auf den Nagel) nach rechts hin gleichmäßig ansteigt und am Scheitelpunkt dieser Steigung in einer sanften Kurve endet, um vom letzten, höchsten und entscheidenden Anschlagspunkt aus steil und knapp abgeschlossen zu werden. Hierzu setze ich anfangs eine relativ grobe Feile in einem deutlich schrägen Winkel von etwa 45° gegen/unter den Nagel und suche nach einer gleichmäßigen, ebenen Linie, fast bis hin zum äußeren rechten Ende des Nagels - wobei ich immer (Druck-)Kontakt mit der Fingerkuppe behalte dies entspricht nach meinen Erfahrungen am ehesten den Bedingungen, unter denen später die Saite von der Kuppe auf die Kante des Fingernagels gleiten sollte. Dabei versuche ich jeweils die naturgegebene Wölbung und Statik des Nagels in einer Art Frontansicht (also mit Blick auf die Kuppe und den Nagel) zu beobachten, denn diese ändert sich nach meinen Erfahrungen sehr leicht während des Feilvorganges, oft sogar erst anschließend so dass ich bei Bedarf ganz gerne am nächsten Tag noch einmal einzelne Schritte der Detailarbeit wieder aufgreife und korrigiere - doch dies mag ein recht persönliches Phänomen meiner eigenen Nägel sein ... Tatsache ist: Diese individuelle Wölbung der drei verschiedenen Nägel von Zeige-, Mittel- und Ringfinger (ggf. auch des kleinen Fingers) hat zweifellos einen recht entscheidenden Einfluss auf die Qualität und Ausgewogenheit des Klanges, ebenso aber auch auf die Leichtigkeit und Geschwindigkeit jedes einzelnen Anschlags und somit auf die gleichmäßige Motorik des gesamten Spiels. Anschließend überarbeite ich diese Rampe mit verschiedenen feineren Feilen, runde zunächst die linke Flanke des Nagels leicht ab, da man hier sonst sehr leicht einhakt und hängen bleibt, und poliere sie geduldig mit immer feinerem Schleifpapier, und zwar sowohl von unten, von vorne und schließlich auch von oben insbesondere im Bereich des letzten Ablösepunktes (rechtes Ende der Rampe). Ideal bewährt hat sich hierbei das zunehmend auch hier verbreiteten Edelprodukt der Marke micro-mesh aus Iowa, USA. Der Ringfinger - a - bedarf in meinem Falle, erfahrungsgemäß aber auch bei der Mehrzahl der Gitarristen, einer speziellen Aufmerksamkeit: auf Grund der Anatomie der Hand verläuft seine Beugebewegung trotz der diagonalen Anschlagsrichtung der Hand (über links das Handgelenk bleibt dabei gerade durchgestreckt) unvermeidbar in einer leichten Rechtskurve und in gewisser Weise den beiden anderen Fingern i & m fast entgegen, so dass die von mir beschriebene Rampe häufig über rechts zu suchen wäre in meinem Fall hat sich sogar eher eine symmetrische Doppelrampe als Favorit herauskristallisiert. Meinen Studenten empfehle ich immer wieder gerne den Trick, mittelstarkes Sandpapier (ca. 800 1200) so zu 6 kleinen Wellen bzw. Kanten zu falten, dass es sich anschließend wie ein Faltenhut in Nähe des Steges auf die 6 Saiten setzen lässt.- ‘Spielt‘ man nun anschließend in ganz normalen und entspannten, langsamen Anschlagsbewegungen auf diesem ‘Sandoneon‘ - wie ich es gerne nenne so lässt sich damit recht gut und mühelos ein Teil der Präzisionsarbeit am Nagel bewerkstelligen nicht zuletzt unter dem so wesentlichen Aspekt der Abstimmung und Ausgewogenheit unter den einzelnen Finger! Das Wichtigste jedoch vielleicht zum Schluss: Eine optimale und ideale Nagelform lässt sich (leider) fast nie auf Anhieb finden und später jederzeit reproduzieren oft bedarf es langer, vielleicht endlos erscheinender Phasen des Suchens und Experimentierens, bis man mit dem Ergebnis auf Dauer zufrieden sein kann. Doch auch dann noch scheinen mir die entscheidenden Faktoren für gute Ergebnisse in der unverzichtbaren Geduld und Regelmäßigkeit (etwa alle 3-4 Tage feilen, zwischendurch aber zumindest immer wieder polieren - man denke an die Saiten, die anschließend sofort wieder die Nägel angreifen könnten!) zu bestehen. Belohnt wird man dafür jedoch unmittelbar durch eine entsprechend reichere Klangqualität, bessere Spielkultur und eine regelmäßig optimierte, aufpolierte Übemotivation! tmp / Mai 2002
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